Rundbrief Dezember 2004
Liebe Freundinnen und Freunde,
während unserer fünfstündigen Wartezeit auf dem Flughafen in Kuala Lumpur auf dem Rückweg von Hanoi nach Frankfurt versuchen wir, die Eindrücke unserer Vietnamreise in Worte zu fassen, um sie mit Euch/Ihnen zu teilen.
Unsere acht Tage in Vietnam waren voller Termine und Besprechungen, was uns das Gefühl vermittelte, viel länger dort gewesen zu sein.
Das 10.Treffen des Internationalen Komitees für das “Dorf der Freundschaft”
Der Anlass unserer Reise war das zehnte Treffen des Internationalen Komitees für das “Dorf der Freundschaft”. Mit uns (Rosemarie Höhn-Mizo, Michael Mizo, Brigitte Müller) waren aus Frankreich Georges Doussin und Raphael Vahe, aus Kanada Michelle Mason, aus Japan Shigemitsu Ahara, John Oishi, Mrs.Ijima und aus den USA Becky Luening, Carl Stancil, Mike Cull und Bill Dean angereist. Suel Jones aus den USA, der in Hanoi wohnt, kam dazu. | Die Vertreter/innen der Länder beim Treffen des Internationalen Komitees Oktober 2004 |
Ziel des Treffens war es, gemeinsam mit unseren vietnamesischen Partnern (vertreten durch Gen.Thuy, Lt.Gen.Tran Hanh, Col.Ta Hung, sowie dem Direktor des Dorfs der Freundschaft, Nguyen Khai Hung) die Planung für die nächsten beiden Jahre zu erarbeiten.
Rundgang durchs Dorf
Gleich am Tag nach unserer Ankunft wurden wir im großen Rahmen im “Dorf der Freundschaft” empfangen. Kinder und Mitarbeiter/innen des Dorfes, viele Vertreter unserer Partnerorganisation und verschiedener anderer vietnamesischer Institutionen sowie Mitarbeiter der vietnamesischen Presse und des Fernsehens waren anwesend. Bei unserem gemeinsamen Rundgang durch das “Dorf” waren wir von den neuen Entwicklungen tief beeindruckt: Auf dem bisher unbebauten Gelände ist inzwischen ein großes Gebäude mit Räumen für Rehabilitation und Berufsausbildung (Näherei, Stickerei, Papierblumenherstellung) errichtet worden. Dieses Haus wurde mit Unterstützung verschiedener vietnamesischer Organisationen gebaut. Ein Gebäude für weitere Ausbildungsklassen ist gerade im Bau. Es wird gemeinsam von unserer amerikanischen Unterstützergruppe und dem Vietnam Childrens Fund finanziert.
Neues Gebäude für... |
...Näherei... |
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...Rehabilitation... |
...und Papierblumenherstellung |
Durch den ehrenamtlichen Einsatz eines amerikanischen Spezialisten für ökologische Landwirtschaft, John Berlow, entstand in Zusammenarbeit mit den vietnamesischen Mitarbeitern des Dorfes ein großer Gartenbereich, in dem Gemüse angebaut wird.
Der Küchenbereich wurde modernisiert und erweitert. Er ist nun direkt an den Speisesaal angegliedert; das Essen wird nicht mehr über den Hof getragen, sondern durch eine Durchreiche ausgegeben.
Preisverleihung
Nach Beendigung des Rundgangs begaben wir uns in den Tagesraum.
Das “Dorf” bekam im letzten Jahr in Johannesburg von der World Veterans Federation den “Rehabilitation Price” verliehen, der nun an den Direktor des “Dorfs” übergeben wurde. Wir freuen uns sehr darüber,dass mit dieser Preisverleihung die Arbeit des Projektes durch diese weltweite Organisation anerkannt und gewürdigt wird.
Arbeitsberichte
Der restliche Vormittag war gefüllt mit Arbeitsberichten unserer Partnerorganisation und dem Finanzbericht des Direktors. Am Nachmittag gaben uns Berichte einiger Mitarbeiter/innen Einblicke in das Alltagsleben im “Dorf”.
Die darauf folgenden Tätigkeitsberichte der verschiedenen nationalen Komitees ermöglichten unseren vietnamesischen Freunden einen Eindruck der Arbeit in den Unterstützerländern.
Überraschung vor dem Abendessen
Gerne folgten wir der Einladung zum gemeinsamen Abendessen mit Gen.Thuy und anderen, nicht ahnend, dass vorher eine Ordensverleihung stattfinden würde. Rosemarie Höhn-Mizo, Georges Doussin, John Oishi, Suel Jones und Brigitte Müller erhielten die Medaille und Urkunde der Vietnam Veterans Association in Anerkennung ihrer langjährigen Arbeit für das “Dorf”. |
Beschlüsse für die kommenden zwei Jahre
Der nächste Vormittag war ausgefüllt mit der Erarbeitung der Planungsziele für die nächsten zwei Jahre. Es war uns als Internatinalem Komitee ein Anliegen, die Gehälter der Mitarbeiter/innen anzuheben, sowie die täglichen Ausgaben für die Ernährung der Kinder von 7000,- VND auf 10.000,- VND ( = ca. 0,50 EUR) zu erhöhen. Da dieser Pro-Kopf-Betrag nicht ausreicht und auch die medizinischen Kosten nicht abdeckt, steuert die vietnamesische Regierung den nötigen Restbetrag bei.
Unser wichtigster gemeinsamer Beschluss ist, als Internationales Komitee im Jahr 2005 Spendengelder in Höhe von 110.000,- USD zusammen zu bekommen, um die laufenden Kosten decken zu können. Im Jahr 2006 wird der Betrag auf 140.000,- USD ansteigen, weil bis dahin mehr Menschen im “Dorf” leben werden.
Ein weiterer wichtiger Beschluss war, dass unsere vietnamesischen Partner mit Hilfe einheimischer Organisationen die Kosten für den Erweiterungsbau der Klinik übernehmen und es unserer Aufgabe sein wird, für die Ausstattung aufzukommen. Eine entsprechende, nach Prioritäten geordnete Liste für die medizinische Ausrüstung und Einrichtung werden wir in den nächsten Tagen mit präzisen Kostenangaben erhalten.
Falls das Internationale Komitee über die für diese beiden Bereiche nötigen Gelder hinaus noch Mittel zur Verfügung hat, soll davon nach und nach ein neues Verwaltungsgebäude finanziert werden. Die bisher für diese Aufgaben genutzten Räume eines Wohnhauses würden dann zur Aufnahme weiterer Kinder bzw. für schulische oder therapeutische Zwecke frei.
Empfang im Präsidentenpalast
Am Nachmittag waren wir zu einem kurzen Empfang im Präsidentenpalast bei der Vizepräsidentin Vietnams, Frau Truong My Hoa, eingeladen. Sie dankte dem Internationalen Komitee in bewegenden Worten für seine Arbeit und sicherte uns auch für die Zukunft die Unterstützung der vietnamesischen Regierung zu. In ihrer Ansprache machte sie deutlich, dass sich die Spätfolgen von Agent Orange im Land weiter ausbreiten und zunehmend mehr Kinder der dritten Generation mit Behinderungen geboren werden. Sie berichtete von den Anstrengungen in ihrem eigenen Land, diesem riesigen Problem zu begegnen und rief uns alle dazu auf, “unsere Stimme zu erheben”, um den Menschen in Vietnam zu helfen. | Die Vorsitzende des Internationalen Komitees, Rosi Höhn-Mizo, mit der vietnamesischen Vizepräsidentin, Frau Truong My Hoa |
Thank-you-dinner
Da inzwischen einige unserer lange vertrauten vietnamesischen Partner im Ruhestand sind, war es uns ein großes Anliegen, diese Freunde zu einem “Thank-you-dinner” einzuladen. Es war ein wunderschöner Abend mit dem Austausch vieler gemeinsamer Erinnerungen aus den Jahren der gemeinsamen Arbeit für das Projekt. Unser Gefühl, trotz aller Unterschiedlichkeiten der verschiedenen Nationalitäten eine große Familie zu sein, wurde allen ganz deutlich, als unser neues japanisches Mitglied, Shigemitsu Ahara, für uns “What a wonderful world” sang.
Weitere Begegnungen und Aktivitäten
Wir hatten einen sehr erfreulichen Besuch bei der Deutschen Botschaft in Hanoi, deren Vertreter/innen uns Hilfe und Unterstützung zusagten.
Ab Januar 2005 werden zwei vom DED (Deutscher Entwicklungsdienst) angestellte Mitarbeiterinnen im “Dorf” tätig sein. Es war ein besonderes Erlebnis für uns, sie in Hanoi zu treffen. Vivien Heller und Edith Heinlein bereiten sich intensiv auf ihren Einsatz vor, u.a. dadurch, dass sie Vietnamesisch lernen. Ellen Laugesen, die seit über zwei Jahren ehrenamtlich therapeutische Arbeit im “Dorf” leistet, und u.a. gemeinsam mit den Hausmüttern und Therapeuten dort einen für jedes Kind individuell auszuarbeitenden Rehabilitationsplan entwickelt hat, war bei diesem Termin dabei und hat von ihren bisherigen Erfahrungen berichtet. Wir danken Ellen von Herzen für ihr beeindruckendes Engeagement und freuen uns sehr darüber, dass die von ihr begonnene Arbeit von Vivien und Edith weitergeführt und ausgeweitet werden kann. Damit wird die pädagogisch-therapeutische Qualität der Arbeit im “Dorf” weiter verbessert werden.
Noch kurz vor unsere Abreise nach Vietnam erhielten wir die erfreuliche Nachricht, dass unser Antrag beim BMZ (Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit) für den Bau eines weiteren Hauses genehmigt wurde. Den entsprechenden Projektvertrag haben unsere Partner in Vietnam sofort unterzeichnet und so waren wir in der glücklichen Situation, das erste Viertel der Finanzmittel noch vor unserer Reise überweisen zu können.
Am 4.November machten wir gemeinsam mit Kindern und Mitarbeiter/innen im “Dorf” den ersten Spatenstich für das neue Haus. Schön war, dass es ganz traditionell vietnamesisch dabei einen kleinen Altar gab, mit Blumen, Räucherstäbchen und Lebensmitteln. Beim Anzünden der Räucherstäbchen wird um den Segen für das Gebäude gebetet. |
Das Schönste zum Schluss
Ein gesundes Baby - für diese Eltern alles andere als selbstverständlich |
Wir hatten den Wunsch geäussert, eine Familie besuchen zu dürfen, deren Kind im “Dorf” gewesen war. Nach zweistündiger Fahrt aufs Land erreichten wir ein Dorf, erregten dort natürlich einiges Aufsehen, wurden herzlich empfangen und dann in ein Haus gebeten. In dem Raum, in dem ein Bett, ein Schrank,ein Tisch und viele Pastikstühle standen,die bestimmt aus der gesamten Nachbarschaft waren, lebt die vielköpfige Großfamilie. |
Ein junger Mann mit körperlicher Behinderung und eine junge gehörlose Frau hatten sich im “Dorf” kennen und lieben gelernt, haben geheiratet und ein gesundes Kind zur Welt gebracht. Sie hatten im “Dorf” gelernt, wie man Papierblumen herstellt und ihre Familienmitglieder darin angelernt. Die Familie hat nun gemeinsam einen kleinen Laden im Dorf eingerichtet, wo die Blumen verkauft werden. Sie können nun davon leben und strahlten ein Glück aus, das nicht in Worte zu fassen ist.
Rosemarie Höhn-Mizo
Brigitte Müller
Michael Mizo
Auch noch wichtig...
Internet-Petition für die Opfer von Agent OrangeEine internationale Petition (http://www.petitiononline.com/AOVN/petition.html) im Internet ruft dazu auf, die Aktionen der vietnamesischen Dioxinopfer auf Wiedergutmachung zu unterstützen.Unser “Weihnachtsgeschenk”Die der Druckversion des Rundbriefs beiliegende Karte ist ein kleines Dankeschön für alle Unterstützung unserer Arbeit durch Ihre Spenden, Aktionen und Mithilfe. Das “Dorf der Freundschaft” lebt davon.Sie können gerne weitere Exemplare dieser Karte bei uns bestellen (0,50 EUR pro Stück plus Versand), um sie an Freunde und Bekannte weiterzugeben und damit auch das “Dorf” bekannt zu machen. You can make a differenceWie bereits im letzten Rundbrief angekündigt, wird es auch ein Poster (42 cm x 84 cm) mit dem Motiv der Karte geben, auf dessen Rückseite eine kurze Beschreibung des “Dorfs der Freundschaft” in den Sprachen unserer internationalen Unterstützergruppe und unsere internationalen Kontaktadressen zu finden sind. Auch dieses Poster kann in beliebiger Stückzahl bei uns bestellt werden. |
Wir hoffen auch weiterhin auf Ihre/Eure Unterstützung und wünschen Ihnen und Euch allen ein gesegnetes, friedvolles Weihnachtsfest und für das kommende Jahr alles Gute!
Peace and friendship
Rosemarie Höhn-Mizo und der Vorstand des “Dorfs der Freundschaft” e.V.