Rehabilitation im “Dorf”
Ein Bericht von Edith Heinlein, Physiotherapeutin und Entwicklungshelferin des DED
(gekürzt und redigiert von Albrecht Ottmar)
10 Monate als DED-Fachkraft im “Dorf der Freundschaft” - es hat sich viel getan in dieser Zeit. Inzwischen sind sechs vietnamesische Physiotherapeuten (drei Männer und drei Frauen) und ich hier im Dorf mit der Therapie von 32 Kindern beschäftigt. Wir behandeln sie meistens 4-5 mal pro Woche zwischen 30 und 60 Minuten. Inzwischen haben die Physiotherapeuten durch die wöchentliche Fortbildung viele neue Behandlungsvarianten erlernt. Sie zeigen zunehmend Kreativität, so dass die Behandlungen nun abwechslungssreicher und mit viel mehr Spass verlaufen. Der Rehabilitationsraum glich anfangs eher einem Spielplatz, wo sich die Kinder des Dorfes (auch die, die keine Therapie brauchten) trafen. Durch Auslagerung nicht benötigter Geräte und kleine Umbauten sind mittlerweile mehrere Behandlungsbereiche entstanden, die mit Vorhängen abgetrennt werden können. |
Unser neuer Rehabilitationsraum |
Fortbildung mit dem medizinischen Personal |
Auch konnten verschiedene therapeutische Geräte, Matten, Lagerungsmaterial und Spielzeug angeschafft werden. Ebenso angefertigt wurden Orthesen für Beine und Hände sowie Lagerungsschienen, die uns Vietcot, eine Ausbildungsstätte für Orthopädieschüler unter deutscher Anleitung, umsonst zur Verfügung gestellt hat. Neu sind u.a. auch vier Spezial-Rollstühle mit Sitzschalen und speziell angepasste Fahrräder. Anfangs war eine konzentrierte Therapie mit den Kindern auf Grund der Rahmenbedingungen kaum möglich. Auch kamen die Kinder sehr unregelmäßig und hatten keinen fest zugeordneten Therapeuten. |
Die Zusammenarbeit mit den Pysiotherapeuten verläuft inzwischen sehr erfreulich. Mein Vietnamesisch reicht für die Besprechnung von Fachthemen nicht aus und so erfolgt die Kommunikation meistens mit Hilfe meiner Übersetzerin Hoa. Sie dolmetscht auch die wöchentlichen Fortbildungen und erstellt Materialien auf Vietnamesich (z.B. Übersetzung verschiedener Lehrfilme).
Es gibt viele kleine Erfolge zu verzeichnen, doch der wichtigste ist sicherlich der, dass die Kinder gerne zur Therapie gehen - denn dies ist die Voraussetzung für weiteres Lernen.
Ein paar Beispiele aus unserer Arbeit:
Toan, 11 Jahre alt. Er konnte sich nicht drehen, nicht selbst essen und saß anfangs in einem Kinderbuggy, aus dem er aufgrund seiner Spastik fast herausrutschte. Inzwischen robbt oder rollt er quer durch den Rehabilitationsraum. Er lacht viel, sein Sprechen hat sich stark verbessert. Er isst alleine mit dem Löffel und benötigt beim Anziehtraining nur noch wenig Hilfe.
Yen kam mit 17 Jahren ins Dorf. Auf Grund einer Spastik in den Beinen konnte sie nicht frei gehen. Nach einem Monat Therapie begann sie mit den ersten freien Schritten, nun kann sie quer durch den Raum laufen. Sie hat ein Fahrrad umgebaut bekommen, so dass sie in Zukunft selbständig in den Rehabilitationsraum fahren kann. Als Yen das erste Mal auf dem Fahrrad saß und im Freien fahren konnte, war das für uns alle ein toller Moment, da Yen außer sich vor Freude war und aus der stillen Yen ein laut juchzendes Mädchen wurde.
Giang und Huong erhalten täglich Krankengymnastik und geben inzwischen Computerunterricht für die anderen Kinder, was ohne ihre speziellen Rollstühle mit den Sitzschalen nicht möglich gewesen wäre. Für ihr Zimmer haben wir speziell fahrbare Computertische anfertigen lassen, die sowohl ein Arbeiten im Rollstuhl als auch im Bett ermöglichen.
Computertische für Giang und Huong |
Yen auf dem Fahrrad |
Zwei weitere Kinder sollen jetzt operiert werden. Zum Glück ist das orthopädische Krankenhaus in der Lage, diese Operationen durchzuführen. Jedoch haben wir zur Zeit auch vier Fälle von speziellen Hüftproblemen, an die sich die hiesigen Operateure nicht heranwagen. Da heißt es hoffen, dass demnächst einmal Ärzte aus dem Ausland in Vietnam sind, die diese Operationen durchführen können. In Zukunft wird der Schwerpunkt der Förderung der Kinder noch mehr im Wohnbereich mit den Alltagsaktivitäten liegen. Wenn die Therapien mit den Kindern zuverlässig und gut laufen, sollen auch regelmäßig Sportgruppen u.a. organisiert werden.
Längerfristig sollte das Dorf seine neue Kompetenz in der Behandlung von Kindern mit Behinderung auch an andere Einrichtungen weiter geben. Dies könnte durch Fortbildungsveranstaltungen im “Dorf” und in anderen Einrichtungen, durch das Einrichten von Praktikantenstellen für angehende Physiotherapeuten und - im Rahmen der erweiterten Klinik - durch ambulante Säuglingstherapie bzw. ambulante Rehabilitation für Kinder mit Behinderung erfolgen. Dadurch könnte sich das “Dorf” den Ruf eines Rehabilitationszentrums, das gute Erfahrungen in der Behandlung von Kindern mit Behinderung hat, erwerben.