Das Dorf der Freundschaft ist ein internationales Versöhnungsprojekt. Es wurde durch den ehemaligen US-Soldaten George Mizo initiiert. Es bietet Menschen, die unter den Spätfolgen des Vietnamkrieges leiden – geistig und körperlich behinderten Kindern und Jugendlichen sowie Älteren – Hilfe und Unterstützung.

Dezember 2010

 

Liebe Freundinnen und Freunde des Dorfs der Freundschaft,

seit kurzem zurück von einer Reise nach Vietnam zum 13. Internationalen Treffen für das Dorf der Freundschaft möchten wir Sie/Euch mit einigen Eindrücken teilhaben lassen an unserem Erlebten.

 


Das Internationale Komitee vor der Zitadelle

 

 

27.10.

Nach bahnstreikbedingter Nervosität schafften wir es rechtzeitig mit dem Zug nach Frankfurt und sind nach 11 Stunden Flug morgens um 6.30 Uhr am Noi Bai Flughafen in Hanoi, wo uns Direktor Dung und Ms. Ha erwarten. Schon die Fahrt bis zum Dorf der Freundschaft macht deutlich, wie rasant sich Vietnam verändert: auf neuen breiten Straßen mit neuen Schildern, die an US-Highways erinnern, geht es Richtung Stadt. Der Verkehr ist schon am frühen Morgen mehr als dicht: was früher einmal viele Fahrräder waren, sind heute sehr viele Mopeds und zunehmend mehr Autos. Nach der Ausfahrt sind wir auf der vertrauten kleinen Holperstraße Richtung Dorf und fallen im Gästehaus des Dorfes erst mal in unsere Betten. Viel Zeit zum Ausruhen bleibt uns allerdings nicht, denn schon beim Mittagessen gibt es einen regen Austausch mit den schon angereisten Teilnehmern der anderen Komitees: Sigemitu Ahara aus Japan, Raphael Vahé aus Frankreich und Paul Wicker aus den USA. Es gibt viel zu erzählen.

 


v.l.n.r.:Raphael Vahé, Frankreich. Shigemitsu Ahara, Japan. Paul Wicker, USA.

 

Am Nachmittag sind wir bei unserer Partnerorganisation, dem vietnamesischen Veteranenverband, eingeladen. Ihr Präsident, Gen Tranh Hanh, sitzt auch in der vietnamesischen Nationalversammlung; umso mehr freuen wir uns, dass er sich Zeit nimmt, unser internationales Komitee (das nun durch Carol Stewart aus Kanada, David Rocovits aus USA und Mami Nakahara aus Japan ergänzt wurde) zu begrüßen. Das gemeinsame Abendessen mit ihm und den Mitgliedern des vietnamesischen Komitees ist Ausdruck der Wertschätzung unserer Arbeit und stimmt uns mit seinem Sprachgewirr ein auf die nächsten Tage.

 


Carol Steward, Kanada, mit einer Veteranin des Dorfes

 


28.10.

Der Vormittag unseres internationalen Treffens gehört der Darstellung der Arbeit im Dorf der Freundschaft selbst. Viele Repräsentanten der lokalen Behörden und der unterstützenden Organisationen sind der Einladung gefolgt: Vertreter des vietnamesischen Roten Kreuzes, verschiedener Krankenhäuser, von VAVA (Vietnamesische Vereinigung der Opfer von Agent Orange/Dioxin), Freundschaftsorganisationen und internationale Freiwillige sind gekommen.

Ein Rundgang durch das Dorf gibt einen Einblick in die aktuelle Situation: die durch das Hochwasser 2008 am schwersten geschädigten Häuser der Veteranen sind bereits abgerissen, Baufahrzeuge und Bauzäune bestimmen das Bild. Demnächst kann mit dem von der Regierung Vietnams finanzierten Neubau begonnen werden.

 


Das Gelände für die Neubauten ist bereits aufgefüllt

 

Das bisherige Mitarbeitergebäude und das ehemalige Klinikgebäude beherbergen jetzt Veteranen. Als Mitarbeiterspeisesaal wurde ein Teil der Bibliothek abgeteilt. Trotz Baustelle wird versucht, möglichst viele Kinder und Veteranen aufzunehmen.

Der Blick in die Klassen, Berufsbildungsgruppen und die Rehabilitation ist ein Blitzlicht der alltäglichen Arbeit hier.

Im Anschluss an den Rundgang folgt im Verwaltungsgebäude der Arbeits- und Finanzbericht von Direktor Dung, nachfolgend zusammengefasst die wichtigsten Punkte:

  • In den letzten drei Jahren wurden bis zu 160 Kinder, Jugendliche und Veteranen zur gleichen Zeit im Dorf versorgt. Aufgrund der Inflation und gestiegener Lebensmittelkosten werden pro Person pro Tag 35 000 bzw. 40 000 Vietnamesische Dong benötigt; das entspricht 1,31 bzw 1,40 Euro. Jährlich konnten 3 bis 3,5 Tonnen Biogemüse geerntet werden. Mit Unterstützung durch das amerikanische Komitee konnte nach der Überschwemmung das Gewächshaus wieder aufgebaut werden.
  • "Zusätzlich zur Sorge für das körperliche Leben der Bewohner werden die spirituellen Bedürfnisse der Kinder und Veteranen in Form der verschiedenen Feste wie Internationaler Kindertag, August-Mitte-Fest, Weihnachten und Neujahr gefeiert". Studentenclubs, die regelmäßig auch an den Wochenenden mit den Jugendlichen spielen, singen und tanzen, organisieren diese Feiern.
  • Das Frühberatungszentrum konnte 160 Familien mit Kindern mit geistigen oder körperlichen Behinderungen helfen und hielt zudem Trainingskurse in umliegenden Provinzen ab. Mit einer neu erteilten Genehmigung kann die Klinik nun auch von Patienten der umliegenden Region genutzt werden. Die geringe Gebühr, die von ihnen erhoben wird, fließt in die Ausstattung der Klinik.
  • Zehn Mitarbeiter/innen des Dorfes nahmen an Fortbildungen teil.
  • Für die Jugendlichen, die in den Berufsbildungsklassen arbeiten, wird Geld auf der Bank angelegt.
  • In den vergangenen 3 Jahren besuchten fast 2000 Menschen aus 35 Ländern das Dorf.
  • Mit Hilfe des vietnamesischen Veteranenverbands und des internationalen Komitees konnten die akuten Flutschäden rasch behoben werden.
  • Die biologische Kläranlage wurde fertiggestellt.

Der Nachmittag beginnt mit einer Schweigeminute für all die Freunde und Unterstützer des Dorfes, die nicht mehr am Leben sind. Im letzten Jahr ist Don Flaxman vom US Komitee gestorben; David Rocovits erinnert in einer kurzen Ansprache an Dons Engagement.

Danach berichten die VertreterInnen der nationalen Komitees von den Aktivitäten in ihren Ländern.

 


Austausch, Begegnung, Zusammenarbeit

 

Im Anschluss daran erarbeiten wir gemeinsam die wesentlichen Eckpunkte der Planung für die kommenden zwei Jahre:

 

Versorgung

Nach den abgeschlossenen Bauarbeiten sollen bis zu 60 Veteranen aufgenommen werden, während die Zahl der Jugendlichen konstant bei 120 bleiben soll.

 


Begegnung mit den Veteranen des Dorfes

 

Gesundheit
  • Die Kombination von östlicher und westlicher Medizin und ein hoher Hygienestandard zur Verhinderung von Krankheiten sollen weiterhin Priorität haben.
  • Die Zusammenarbeit mit örtlichen Krankenhäusern und die Fortbildung des Personals werden gefördert.
  • Die Arbeit der Frühberatungsstelle soll weiter bekannt gemacht; Trainingskurse sollen gehalten werden.
  • Die Klinik wird weiterhin für die Untersuchung und Behandlung von externen Patienten genutzt.

 

Sonderpädagogik und Berufsausbildung

Die fünf sonderpädagogischen Klassen werden weitergeführt, zusätzlich soll es eine Klasse für Jugendliche mit Hörschädigungen geben. Ausbildung und Unterricht in Gebärdensprache werden organisiert. Der Austausch mit anderen sonderpädagogischen Einrichtungen wird verstärkt; künstlerisches Arbeiten wird gefördert.

 


Die Jugendlichen in der Näherei stellen Kleidung für die Dorfbewohner her

 

Die Berufsbildungsklassen (Näherei, Stickerei, Blumenherstellung, Computer) werden weitergeführt. Zusätzlich können Jugendliche, die entsprechende Fähigkeiten haben, das Berufsbildungszentrum des Veteranenverbands besuchen, um dort z.B. Elektrik, Computerreparaturen oder das Friseurhandwerk zu lernen.

 


Es fällt auf, wie viele Fortschritte die Jugendlichen in der Stickerei gemacht haben

 

Fortbildungen

Fortbildungen der MitarbeiterInnen des Dorfes werden gefördert; die Sicherheit ihres Arbeitsplatzes nach Ende der Fortbildung wird gewährleistet.

 

Finanzen

Für die nächsten zwei Jahre werden voraussichtlich 703 640 $ (517 002 Euro) benötigt. Zieht man davon das momentan vorhandene Geld aus direkten Spenden im Dorf und dem Plus aus der sparsamen Verwendung in Höhe von 83 640 $ (64 018 Euro) ab, werden 474 550 Euro für laufende Kosten sowie 60 466 Euro für die Aufstockung des Schulgebäudes benötigt, so dass alle Klassen in einem Gebäude unterrichtet werden können. Der vietnamesische Veteranenverband übernimmt davon mehr als die Hälfte. Das internationale Komitee sollte in den nächsten beiden Jahren 222 630 Euro für die laufenden Kosten sowie 27 185 Euro als Anteil für das Schulgebäude aufbringen.

 

MitarbeiterInnen

Die Finanzierung der bisher vom deutschen Komitee getragenen Stellen einiger Physiotherapeuten, Hausmütter und Lehrerinnen wird jetzt vom Staat übernommen, d.h. alle 60 MitarbeiterInnen werden von Vietnam finanziert.

 

Sonstiges

Bis Ende 2011 sollen folgende Bauprojekte abgeschlossen sein: Bau eines dreistöckigen und von drei zweistöckigen Häusern, Reparatur von Haus G 2, Anhebung der Wege (um Flutschäden vorzubeugen), Wiederaufbau der Zäune hinter dem Dorf, Anlage eines Blumengartens vor der Klinik, Aufstockung des Schulgebäudes in 2012.

Auf Anfrage des Internationalen Komitees wird eine Liste kleinerer Projekte und ihrer Kosten zusammengestellt für Spender, die gezielt spezielle Vorhaben unterstützen möchten.

Nach dem Abendessen läuft auf dem großen Dorfplatz Festvorbereitung Scheinwerfer und Musikanlage werden aufgebaut, Kinder, MitarbeiterInnen und Veteranen finden sich ein und kurze Zeit später gibt es ein buntes Programm, gestaltet von den Lehrerinnen und Physiotherapeuten des Dorfes und der Künstlergruppe des Veteranenverbandes. Selbstbewusst und mit ansteckender Freude bewegen sich die Vortragenden auf der Bühne.

 


Beeindruckt erleben wir die behinderten Jugendlichen des Dorfes in gemeinsamen Tanzvorführungen mit der Künstlergruppe...und sie sind zurecht glücklich und stolz!

 


29.10.

Dank guter Vorbereitung der Dorfleitung können wir uns bei der folgenden Arbeitssitzung zügig auf wesentliche Punkte einigen. Am Ende des Vormittags wird das Memorandum unterzeichnet.

Am Abend sind wir als Internationales Komitee in der Residenz des österreichischen Botschafters in Vietnam, Herrn Dr. Heindl, und seiner Frau eingeladen. Anlässlich der 1000 Jahr-Feier von Hanoi organisieren die Botschaften besondere Veranstaltungen - die österreichische Botschaft feiert einen Wiener Ball in Hanoi als Wohltätigkeitsfest für das Dorf. Die offene und warmherzige Atmosphäre und das große Interesse des Botschafterpaares an unserer Arbeit ließen diesen Abend zu etwas ganz Besonderem werden - und wir drücken schon jetzt die Daumen für einen wunderbaren erfolgreichen Wiener Ball in Hanoi!

 


Das Internationale Kommitee zu Gast beim österreichischen Botschafter Dr.Heindl

 


30.10.

Unser "common day" nach Abschluss des Memorandums hat Tradition, und diesmal ist es die Gelegenheit, noch etwas von 1000 Jahre Hanoi mit zu bekommen:

wir besichtigen die Zitadelle in der Innenstadt, die bisher militärisches Sperrgebiet und nicht zugänglich war. Inzwischen ist sie renoviert, mit hoch interessanten Ausgrabungen und gut dokumentierter Ausstellung zur Geschichte und zum Weltkulturerbe erklärt.

 


v.l.n.r.: Dir.Dung, Gen.Vinh, Raphael Vahé, Brigitte Müller, Col.Trinh, Paul Wicker, Rosemarie Höhn-Mizo, David Rocovits, Hr.Nhung

 

Am Abend ein weiteres "Highlight": Wir treffen uns mit den "alten" Freunden des Dorfes, die inzwischen im Ruhestand sind. Herr Trinh, Gen. Vinh, der erste Direktor Herr Hung und sein Vize Herr Nhung sind gekommen und mit den vielen Geschichten, die wir uns erzählen, wird deutlich, was wir schon gemeinsam geschafft und erlebt haben und wie viel uns verbindet.

Am Ende dieses Treffens müssen die ersten wieder zurück: Shigemitu verabschiedet sich mit großer Zuversicht, dass er mit Hilfe von M. Nakahara, die das erste Mal dabei war, die Unterstützungsarbeit in Japan neu beleben kann.

 


31.10.

Mit Carol und Hoa, die für uns übersetzen kann, besuchen wir zwei ehemalige Dorfbewohnerinnen - und wieder einmal ist deutlich, dass Nachsorge in den Dörfern auf dem Land keine leichte Sache ist.

Am nächsten Tag reisen die letzten Kommiteemitglieder in alle Himmelsrichtungen. Wir haben Gelegenheit, mit Herrn Direktor Dung und seiner Frau einige Tage zu verbringen - und freuen uns daran, zwar mit Händen und vielen Zeichnungen kommunizierend, aber dennoch spürbar unsere Freundschaft wachsen zu sehen.

Im Dorf haben wir vor unserem Rückflug noch etwas Zeit für ein Gespräch mit Übersetzung. Wir fragen nach den Jugendlichen, die wir kennen und die nicht mehr im Dorf sind. Oanh, "unsere Studentin", ist im vorletzten Jahr ihres Journalismusstudiums.

Hung, der junge Mann, den viele aus dem Dorf-der-Freundschaft-Film von Marcus Niehaves und Timo Mugele kennen, ist Vater geworden. Er hat seine Frau im Dorf der Freundschaft kennen gelernt. Ihre kleine Tochter ist gesund. Und auch wenn Hung sie - wie Direktor Dung sagte - aufgrund seiner Behinderung nie in die Arme nehmen und herumtragen kann: er hat eine kleine Familie.

Vor dem Ahnenaltar unterm Dach im Gästehaus nehmen wir Abschied für diesmal.

Wir fühlen uns reich beschenkt von allem Erlebten, von aller Freude und Freundschaft, die wir erfahren haben.

Ihnen und Euch allen, die mit Ihrem Engagement und Ihren Spenden das Dorf der Freundschaft möglich machen, ein ganz herzliches Danke und eine gute Advents- und Weihnachtszeit.

Herzliche Friedensgrüße,
Rosi Höhn-Mizo
Brigitte Müller

 


Benefizkonzert in Paris

Unsere französische Unterstützergruppe organisierte am 18. November 2010 ein großes Konzert für das Dorf im Invalidendom Paris. Für Pham Hanh, Mitarbeiterin des Dofes, die in Deutschland ihre Fachlehrerausbildung macht, wurde daraus ein besonderes Geburtstagsgeschenk: der Vorstand legte für eine Fahrkarte zusammen - und Hanh war - begleitet von B. Müller - zu Gast bei unseren französischen Freunden und genoß das Konzert und Paris.

 


Website: Internationales Portal

Unsere website hat mittlerweile ein internationales Portal, von dem aus Sie auf die Webseiten und -adressen der anderen Kommitees gelangen. Auch unsere vietnamesischen Partner haben eine eigene Website installiert: http://www.langhuunghi.vn

George-Mizo-Stiftung

Der Ertrag des Stiftungsvermögens der George-Mizo-Stiftung soll langfristig zur Unterstützung der Arbeit des Dorfes beitragen. Wir freuen uns über ZustifterInnen. Sie erhalten auch dafür eine Spendenquittung.

Bankverbindung:
KTN 56733003
BLZ 604 914 30
VR-Bank Stromberg Neckar eG

Rundbrief per E-mail

Wenn Sie unseren Rundbrief künftig lieber als E-mail erhalten wollen, bitten wir Sie um Mitteilung und Ihre aktuelle email-Adresse.


“Alles Walzer”

zum ersten Mal in Vietnam

Am 12. November 2010 feierte Vietnams Hauptstadt Hanoi, eben 1.000 Jahre alt geworden, eine Premiere:

16 junge vietnamesische DebutantInnenpaare des Hanoier Olympic Dance Club eröffneten unter der Leitung der Choreographin und Tänzerin Raffaela Pegani zu den Klängen der Wiener Johann-Strauss- Kapelle den ersten Wiener Ball in Vietnam.

 


Wiener Ball in Hanoi

 

Der Vienna Charity Ball wurde auf Initiative der österreichischen Botschaft in Vietnam mit Unterstützung der Stadt Wien - in Hanoi vertreten durch Senator Walter Nettig und Hofrat Alfred Vavrousek - und zahlreicher österreichischer und vietnamesischer Sponsorfirmen verwirklicht. Er stand unter dem Ehrenschutz der Außen- und Kulturminister beider Länder und der Bürgermeister von Wien und Hanoi. Sein Reinerlös kommt dem Dorf der Freundschaft in der Nähe von Hanoi zugute, in dem behinderte Kinder und Jugendliche, die unter den Langzeitfolgen des Vietnamkrieges (Dioxinvergiftungen) leiden, betreut werden.

Quelle: Newsletter der kulturpolit. Sektion des Bundesministeriums für europ. und intern. Angelegenheiten Österreichs