Das Dorf der Freundschaft ist ein internationales Versöhnungsprojekt. Es wurde durch den ehemaligen US-Soldaten George Mizo initiiert. Es bietet Menschen, die unter den Spätfolgen des Vietnamkrieges leiden – geistig und körperlich behinderten Kindern und Jugendlichen sowie Älteren – Hilfe und Unterstützung.

Rundbrief Dezember 2000

Liebe Freundinnen und Freunde,
gerade aus Vietnam zurückgekehrt, sind wir voller Eindrücke aus dem "Dorf der Freundschaft" und möchten in diesem Rundbrief ein bißchen etwas davon mitteilen. Beeindruckt waren wir von all dem, was sich seit unserem letzten Besuch vor zwei Jahren alles getan hat!

Ein Tag im Dorf der Freundschaft

Momentan leben 111 Bewohner im Dorf: 80 körperlich und geistig behinderte Kinder und 31 Erwachsene, die unter den Spätfolgen des Entlaubungsgifteinsatzes während des Krieges leiden.
Offen und herzlich sind wir empfangen worden, und es war schön, einige der Kinder wiederzuerkennen und zu sehen, wie viel besser es ihnen inzwischen geht:
- Nguyen Thanh Hung, dessen versteifte Gelenke inzwischen an den Füßen operiert worden sind, so daß er nicht mehr auf den Zehen, sondern auf den ganzen Fuß laufen kann,
- Pham ti Hai, das Mädchen auf dem Titelbild des letzten Rundbrief es, die trotz ihrer schweren geistigen Behinderung bei den Aktivitäten im "Dorf" mitmacht, so gut sie kann,
- Phan thi Kieu Oanh, die nach einer operativen Entfernung der verhärteten Muskelstränge am Hals jetzt ihren Kopf bewegen kann,
- Nguyen Le Du Luu, die gelernt hat, sich zu verständigen, obwohl sie nicht hört, da anstelle ihrer Ohren nur ein kleines Hautstück wächst...
Schön auch, daß es viele neue Gesichter gibt. Man merkt, daß unsere vietnamesischen Partner sich bemühen, die Hilfsangebote des "Dorfs" möglichst vielen Menschen zugänglich zu machen.

Ein neues Mehrzweckgebäude wurde mit Unterstützung aus Deutschland, Frankreich, Großbritannien und den USA und mit Hilfe von Geldern der französischen Regierung im vergangenen Jahr fertiggestellt und wird schon intensiv genutzt. Zwei Klassenzimmer konnten aus den Wohnhäusern in dieses Gebäude verlegt werden. Es gibt einen Raum, in dem eine Art "Beschützende Werkstätte" untergebracht ist, eine kleine Bücherei einen Versammlungsraum und einen großen Saal, der als Speisesaal dient, aber auch für gemeinsame Aktivitäten, für Veranstaltungen und als Treffpunkt für Krankengymnastik und körperliche Übungen benutzt wird.

Jeden Morgen finden in beiden Klassenzimmern mehrere Stunden Unterricht statt. Die Lehrerinnen kommen aus der umliegenden Provinz und geben sich große Mühe, den sehr unterschiedlich behinderten Kindern gerecht zu werden. Die Kinder sitzen mit großem Eifer im Unterricht und zeigen stolz, was sie geschrieben oder gemalt haben. Als die Trommel zur Mittagspause ertönt, sitzen wir gerade im Versammlungsraum neben den Klassenzimmern und sehen die Kinder zum Mittagessen stürmen. Die Kleineren werden an der Hand mitgenommen; die, die nicht laufen können, werden von anderen getragen (die Rollstühle stehen unten, einen Aufzug gibt’s nicht, aber es klappt trotzdem). Einige Kinder nehmen am normalen Schulunterricht im nächsten Dorf teil und kommen zum Mittagessen zurück. Zwei der älteren Kinder besuchen eine Textilfachschule.
Für die Kinder, die dem Schulunterricht aufgrund ihrer schweren Behinderung nicht folgen könnten, gibt es einen Werkstattraum, wo handwerkliche Fertigkeiten angebahnt und geübt werden. Die Herstellung von Seidenblumen zum Verkauf ist das Ziel, geübt wird zunächst mit Zeitungen und farbigem Papier.


Hinter diesem neuen Gebäude ist die Küche, die erfolgreich über die gut funktionierende Biogasanlage betrieben wird.
In den beiden Fischteichen des Dorfes sind bisher über 800 kg Fisch gezüchtet, "geerntet" und zur Ernährung der Dorfbewohner verwendet worden.
Auf dem Teich hinter den Häusern leben 50 Enten. Ihre Eier, ihr Nachwuchs und sie selber sind Beitrag zur Ernährung im "Dorf". Auf einem Teil des Teiches wird eine Wasserpflanze angebaut, die als Gemüse gekocht wird.

Was letzten Winter noch als kleine Pilzzucht in den Garagen begann, ist inzwischen eine eindrucksvolle Pilzzuchtanlage auf dem noch unbebauten Gelände. Die geernteten Pilze werden auf großen Plastikplanen getrocknet, ein Teil wird selbst verzehrt, der Rest verkauft und exportiert. Der Gewinn trägt dazu bei, die laufenden Kosten des "Dorfes" zu decken.

Gleich daneben erstreckt sich eine Obstplantage. Orangen und Grapefruit werden angebaut und tragen vermutlich schon im kommenden Jahr die ersten Früchte. Ein Teil dieser Bäume ist von Unterstützerlnnen aus Deutschland finanziert (hierfür ganz herzlichen Dank), der größte Teil wurde gespendet durch Freunde von Ken Sharples aus Großbritannien. Ken Sharples war über viele Jahre Vorsitzender der britischen Unterstützergruppe. Er starb im letzten Sommer, und seine Freunde wollten ihm mit dieser Obstplantage ein lebendiges Denkmal setzen. Ein wichtiger Teil des "Dorfes" ist der Heilpflanzengarten. 230 verschiedene traditionelle Heilkräuter und -pflanzen werden hier angebaut und mit Erfolg zu therapeutischen Zwecken verwendet. Unsere vietnamesischen Partner haben intensive Kontakte zu Ärzten, die mit diesen Pflanzen arbeiten, bemühen sich um Literatur und versuchen, ihr eigenes Wissen auf diesem Bereich immer mehr zu erweitern und mit der angewandten "westlichen Medizin" zu kombinieren.

Unser Mittagessen enthielt dann auch tatsächlich vieles aus dem "Dorf" selbst: Fisch, Pilze, Bananen, Hibiscustee... und wir wissen, daß diese Nahrungsmittel nicht unbedingt selbstverständlicher Bestandteil des täglichen Speiseplans in Vietnam sind. Die Bewohner des "Dorfes" profitieren von diesen regelmäßigen und qualitativ guten Mahlzeiten für ihre Gesundheit sehr.

Am Nachmittag war Freizeit angesagt. Die 100 Jojos, die wir mitgebracht hatten, mach-
ten allen (einige Erwachsene und Betreuer eingeschlossen) riesigen Spaß, und es war einfach schön, diese Freude mitzuerleben. Dies galt auch für ein "internationales" Fußballspiel, das nach einiger Zeit in Gang kam.
Wir sind zufrieden und glücklich am Ende dieses Tages.
Wir sind dankbar für all das, was da entstanden ist. Die Hilfe, die das "Dorf" leistet, ist wichtig und notwendig. Wir möchten den oft gehörten Dank gern weitergeben an alle, die mit ihrer Spende und Unterstützung all dies ermöglicht haben. Danke!!