Das Dorf der Freundschaft ist ein internationales Versöhnungsprojekt. Es wurde durch den ehemaligen US-Soldaten George Mizo initiiert. Es bietet Menschen, die unter den Spätfolgen des Vietnamkrieges leiden – geistig und körperlich behinderten Kindern und Jugendlichen sowie Älteren – Hilfe und Unterstützung.

Die Hausmütter im Dorf der Freundschaft Vietnam

Auszüge aus einem Artikel der ‘Volksarmeezeitung’ vom 3.7.2015 (übersetzt von Le Hongh Hoa, gekürzt und bearbeitet von Albrecht Ottmar)

Wenn man im Dorf der Freundschaft Vietnam (Van Canh Kommune, Hoai Duc Distrikt, Hanoi) die Kinder, die unter den Folgen der Entlaubungsgifte leiden, spielen sieht, dann ist einem nicht immer bewusst, dass hinter vielem, was von außen zu sehen ist, die liebevolle Mühe der so genannten Hausmütter steht. Wie groß ihr Engagement ist, wird erst deutlich, wenn man die Situation selbst erlebt. Hier wird mit einer besonderen Art von Sprache mit den Kindern kommuniziert.

Im Dorf gibt es sechs Wohnhäuser, in denen sich jeweils zwei Hausmütter abwechselnd um 20 bis 22 Kinder kümmern. Die Hausmutter Le Thi Bich Hop (53 Jahre, aus Van Canh, Hoai Duc) ist zuständig für 20 jüngere Kindern. Sie arbeitet seit zehn Jahren im Dorf und erinnert sich noch ganz genau an ihre ersten Arbeitstage. Als sie die Kinder sah, die unter permanenten Schmerzen litten, nachts nicht durchschlafen konnten und schrien, den Kopf gegen die Wand stießen oder völlig apathisch wirkten, fühlte sie sich erst einmal hilflos und war nicht sicher, ob sie der Aufgabe gewachsen sein würde. Doch nach anfänglichen Schwierigkeiten fand sie ihren eigenen Zugang zu den Kindern. Frau Hop meint: “Die Kinder hier sind unterschiedlich: manche sind geistig behindert, manche sind gehörlos und können nicht reden, andere können nicht gehen oder ihre Bewegungen kontrollieren. Deswegen nehmen wir Hausmütter uns sehr viel Zeit, jedes Kind und seine Gewohnheiten kennenzulernen, um dann spezielle Hilfsangebote für jedes Kind anbieten zu können.”

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Frau Tran Thi Ban ist Hausmutter für 21 Mädchen. Sie arbeitet schon seit neun Jahren im Dorf und manche Mühe und Schwierigkeit ist ihr auch anzusehen. Frau Ban erzählt: “Viele Kinder sind geistig oder körperlich behindert und zeigen ihre Gefühle auf ganz eigene Art. Es bewegt uns immer sehr, wenn sie uns umarmen oder Dinge sagen, die wir zwar nicht immer verstehen, die aber liebevoll gemeint sind. Das gibt uns die Kraft und die Motivation, unsere Arbeit weiter zu machen.” Wegen der engen persönlichen Beziehung zu den Kindern will sie das auch weiterhin tun, solange ihre Gesundheit es zulässt. [...]

Hausmutter Cong Thi Thuy ist für 19 Mädchen und drei Jungen zuständig. Sie arbeitet erst seit einem Jahr im Dorf, aber lange genug, um zu wissen, dass die Arbeit mit den Kindern auch sehr anstrengend sein kann und großen Einsatz erfordert. Den eigenen Haushalt hat sie ihrem Mann und ihren Kindern übertragen.

Im Haus von Frau Thuy wohnt Dang Thi Nu. Sie ist gehörlos, blind, stumm und geistig behindert. Sie wurde dieses Jahr 15 Jahre alt und ist vollständig auf die Unterstützung der Betreuungspersonen angewiesen. Die Hausmutter sagt: “Die Situation von Nu ist sehr besonders. Ihr Vater ist früh gestorben, ihre Mutter hat die Familie verlassen. Ihre einzigen Verwandten sind die Großeltern, die sich aber nicht um sie kümmern können. Deswegen wurde das Dorf gefragt, ob Nu hier dauerhaft aufgenommen werden kann. Sie kann nicht ohne Unterstützung gehen und sitzt nur an einem Platz. ” [...]

Frau Thuy erzählt weiter: “Im selben Haus wohnt auch Tran Thi Nguyet Thuong, Jahrgang 2002. Ihre Eltern sind früh gestorben und man konnte sie im Dorf unterbringen. Am Tag verhält sie sich ganz unauffällig, aber nachts wacht sie mehrmals auf und schlägt ihren Kopf pausenlos gegen das Bett. Wir müssen dann Kopfkissen unterlegen, damit sie sich nicht selbst verletzen kann.” [...]

Neben dem Wissen um die jeweiligen Lebensumstände und -geschichten ist es für die Hausmütter vor allem wichtig, die individuellen Charaktere und Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen zu kennen. Das erfordert viel Geduld und Zuneigung. Nur so, meinen sie, sei eine gute Betreuung möglich. Diese hingebungsvolle Einstellung der Hausmütter ist bewundernswert.

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