Das Dorf der Freundschaft ist ein internationales Versöhnungsprojekt. Es wurde durch den ehemaligen US-Soldaten George Mizo initiiert. Es bietet Menschen, die unter den Spätfolgen des Vietnamkrieges leiden – geistig und körperlich behinderten Kindern und Jugendlichen sowie Älteren – Hilfe und Unterstützung.


Direktor Hung hat fünf Kinder. Sie sind erwachsen und erfolgreich. Ein Sohn lebt in Moskau, eine Tochter hat in Tschechien studiert, und die Jüngste ist im Arbeitsministerium beschäftigt, wie einst der Vater.
Frau Lien hat ebenfalls fünf Kinder. Eigentlich wären es sechs, aber das zweite starb sofort nach der Geburt. Es hatte einen übergroßen Kopf und viel zu kleine Arme und Beine. Frau Liens ältestes Kind lernte erst mit sieben laufen und sprechen.
George Mizo hat einen Sohn. Er ist elf Jahre alt und gesund. Ein zweites Mal hätten sie das Schicksal nicht herausfordern wollen sagt Frau Mizo.
Herr Nang ist kinderlos. Nachdem seine Frau zwei missgebildete Babys zur Welt brachte ("Monster" sagt der Dolmetscher), gab das Paar auf.

Oanh ist mit ihren 14 Jahren selbst noch ein Kind. Selber welche haben wird sie wohl nie. Welcher Vietnamese würde Oanh heiraten, mit ihren verhärteten Halsmuskeln, dem Herzfehler und den verkümmerten Händen? Oanh, die so mühsam spricht, dass man sie kaum versteht?
Immerhin kann sie jetzt besser nach links und rechts schauen, nachdem man ihr im Herbst die dicken Muskelstränge wegoperiert hat, die wie eine Halskrause ihren Kopf steif hielten. Und sie geht zur Schule. Morgens, nach ihren Krankengymnastik-Übungen, von halb sieben bis halb elf. Dann noch ein mal drei Stunden am Nachmittag. Abends lernt sie freiwillig weiter. Oanh darf sich am "Wettbewerb hervorragender Schüler" beteiligen, in den Fächern Mathematik und Vietnamesisch.
Das verdankt sie Direktor Hung, der sie in das "Dorf der Freundschaft" aufgenommen hat, und nicht zuletzt George Mizo. Im Vietnamkrieg haben die beiden Männer gegeneinander gekämpft, heute versuchen sie gemeinsam Kriegsopfern zu helfen. Nguyen Khai Hung leitet das Dorf der Freundschaft, ein Reha-Zentrum bei Hanoi, George Mizo hat sich das Projekt ausgedacht und es vorangetrieben: Acht hell getünchte Häuser, zwischen denen sich Wäscheleinen spannen. Eine Krankenstation, ein Spielplatz, ein Garten. Seit April letzten Jahres lebt Oanh hier, eines von insgesamt 70 Veteranenkindern im Alter von sieben bis 18 Jahren, sie alle körperlich oder geistig behindert. Oder beides. Zwei Häuser weiter wohnen Frau Lien und Herr Nang. Sie gehören zu den 30 ehemaligen Soldaten, die derzeit im Dorf ärztlich betreut werden. Die Veteranen plagen sich mit anderen Krankheiten als die Kinder, doch ihre Leiden haben dieselbe Ursache. Sie heißt Agent Orange.


Aus Liebe meldete sich Nguyen Thi Lien in den Krieg.





Trotz seiner Behinderung ist Thang privilegiert. Rollstühle sind in Vietnam Mangelware.